24.10.2019
So klappt's auch mit dem Quereinstieg
Wie fachfremde Bewerber Unternehmen von sich überzeugen können
Sei es direkt nach dem Studium, der Ausbildung oder nach einigen Jahren Berufserfahrung, irgendwann kommt die Frage: Will ich diesen Job eigentlich machen oder zieht es mich nicht längst in andere Gefilde? Für alle, die nach neuen Ufern Ausschau halten und mit einem Quereinstieg liebäugeln, hat das Online-Karriereportal Monster eine Umfrage unter Personalverantwortlichen in Deutschland durchgeführt.* Die Ergebnisse enthalten ein paar entscheidende Tipps für den Wechsel parat.
- Wieso ausgerechnet bei uns?
Bei 87 Prozent der Befragten werden Bewerbungen immer noch in-house direkt gesichtet - die Vorauswahl trifft also nicht im ersten Schritt ein Algorithmus oder ein externer Dienstleister. Es ist sehr wichtig, sich die Personalabteilung oder sogar den zukünftigen Chef als ersten Leser der Bewerbung vorzustellen. Hier gilt es mit Unternehmenskenntnis zu punkten und genau zu erklären, wieso ausgerechnet man selbst als Kandidat perfekt zum Unternehmen passt. - Du bist aber nett!
Selbstverständlich ist der erste Grund für die Berücksichtigung von Quereinsteigern die Kompetenz und die Berufserfahrung. Aber 23 Prozent der Befragten berücksichtigten die Bewerbungen von Quereinsteigern, weil sie ihnen sympathisch erschienen und bei 16 Prozent überzeugte das Motivationsschreiben. Neben der fachlichen Kompetenz ist der menschliche Faktor Entscheidungskriterium. Es ist also sinnvoll, sich mit der Unternehmenskultur und der Tonalität auf Kanälen wie der Webseite oder auf Social Media vertraut zu machen. Geht es eher förmlich oder locker zu? Was sind Fokusthemen? Wer diese Erkenntnisse in der Bewerbung umsetzt und mit der eigenen Motivation für die Sache verknüpft, hat bei vorhandenen Kompetenzen gute Chancen auf einen Job. - Ich hab da mal was vorbereitet.
Für über die Hälfte (53 Prozent) aller befragten Personalverantwortlichen sind passende Zusatzqualifikationen und Weiterbildungen im Lebenslauf ein entscheidender Punkt, um ihr Interesse zu wecken. Es lohnt sich daher, den Wechsel bereits im alten Job vorzubereiten. Das hat gleich zwei Vorteile: Zum einen können sich wechselwillige Arbeitnehmer durch Workshops und andere Weiterbildungen bereits in die neue Materie ihres Herzens einarbeiten und haben bei zukünftigen Bewerbungen ein Ass im Ärmel. Zum anderen zeigt sich bei einer praktischen Auseinandersetzung mit dem möglichen, nächsten Job auch schneller, ob ein wirkliches Interesse da ist oder die Theorie wesentlich romantischer erschien. So lassen sich auch fachliche Enttäuschungen eher vermeiden. - Treue zählt.
Quereinsteiger zeigen ohnehin die Bereitschaft, einen Beruf zu wechseln, wenn er sie nicht mehr erfüllt oder aus anderen Gründen heraus. Im ersten Moment kann das bei einigen Unternehmen zu Unsicherheiten führen. Verlässt uns der neue Mitarbeiter dann auch schnell wieder? Daher sind für 45 Prozent der Personalverantwortlichen eine vorangegangene, langjährige Mitarbeit in einem anderen Unternehmen im Lebenslauf von Quereinsteigern wichtig. Sie wollen sehen, dass der Bewerber zu Treue fähig und verlässlich ist. Am besten also nicht zu oft wild hin- und herwechseln, sondern lieber im gleichen Unternehmen verschiedene Wege ausprobieren. Das erleichtert den endgültigen Quereinstieg am Ende. - Verlässlichkeit ist mein zweiter Vorname.
Apropos Verlässlichkeit: Nach wichtigen Softskills bei Quereinsteigern gefragt, votierte die Mehrheit (60 Prozent) für Verlässlichkeit. Darauf folgten mit je 51 Prozent Flexibilität, Teamgeist und Eigenverantwortung. Wer bei der Bewerbung und spätestens im Vorstellungsgespräch punkten will, tut gut daran, diese Qualitäten bei sich selbst hervorzuheben. Am besten direkt an konkreten Beispielen aus dem Arbeitsleben festmachen, um nicht wie ein "Phrasendrescher" zu wirken. Es ist wesentlich überzeugender davon zu berichten, wie man auch mal gemeinsam im Team für ein wichtiges Projekt mit Deadline Überstunden geschoben hat, als schlicht zu sagen, man sei ein Teamplayer und überaus verlässlich. - Go big or go home?
Große Konzerne stehen bei vielen Bewerbern hoch im Kurs. Die Vorstellung, bei einem namhaften Unternehmen zu arbeiten, beflügelt. Schließlich wird dadurch auch die eigene Reputation aufpoliert. Doch ist es immer der richtige Weg? Die Monster-Umfrage zeigt, dass bei kleinen Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern die meisten Quereinsteiger beschäftigt sind. Im Gegensatz zu ihren großen Brüdern und Schwestern, werden kleine, oft inhabergeführte Unternehmen nicht unbedingt mit Bewerbungen überflutet. Für den ersten Wechsel kann es daher zunächst einfacher sein, statt eines Konzerns lieber auf einen kleinen Betrieb zu setzen. - Bildung ist alles.
Ein weiterer Indikator dafür, ob Unternehmen für Bewerbungen von Quereinsteigern offen sind, ist die Auswahl an Fortbildungen für Mitarbeiter. Immerhin 53 Prozent aller Befragten gaben an, speziell für Quereinsteiger Weiterbildungen anzubieten. Ein Blick auf den "Über Uns"-Bereich der Unternehmenswebsite kann Aufschluss darüber geben, wie sehr Bewerber mit alternativen Qualifikationen im Unternehmen geschätzt und gefördert werden. Allerdings kann das bei kleineren Unternehmen mitunter auch täuschen. Sie können aus Kapazitäts- und Kostengründen oft nicht so offensiv Weiterbildungen anbieten. - Das sieht aber schick aus!
Natürlich zählt der Inhalt einer Bewerbung am meisten. Dennoch hilft ein sinnvolles Layout des Lebenslaufes beim Auswahlprozess. Bei 27 Prozent der Befragten war ein gutes Design des Lebenslaufs wichtig bei der Entscheidung und auch das Bewerbungsfoto floss bei 17 Prozent stark mit ein. Der erste Eindruck ist eben sehr wichtig und dazu gehört eine ordentliche und leicht zu erfassende Struktur im Lebenslauf sowie ein professionelles Portrait. - Money in my pocket.
Wenn alle Tipps berücksichtig wurden, stehen die Aktien für einen Jobwechsel nicht schlecht. Am Ende darf aber auch ein Wort der Warnung nicht fehlen. Bei immerhin 24 Prozent der Befragten verdienen Quereinsteiger im Unternehmen nicht so viel wie ihre "konventionellen" Kollegen mit der gleichen Stelle. Wer wechseln möchte, sollte das also aus einer tiefen Überzeugung heraus tun. Denn es ist gut möglich, dass die ersten Jahre finanziell nicht das Highlight sind. Aber wenn das neue Unternehmen, die Kollegen und die Aufgabe sich wieder richtig und passend anfühlen, vielleicht ist es diesen Wermutstropfen dann auch wert.
*Nicht repräsentative Online-Umfrage unter 401 Mitarbeitern mit Personalverantwortung in Deutschland (154 weiblich, 247 männlich; zwischen 25 und 66 Jahren); durchgeführt von der Appinio GmbH im Zeitraum 4.-11. September 2019